27.02.2015

Mit dem Fanprojekt nach Auschwitz und Krakau – Bildungsfahrt gegen das Vergessen


Fremdenhass scheint durch Pegida, Legida, Hogesa usw. ein Stück salonfähiger geworden zu sein. Nicht mehr nur das „altbekannte“ rechte Klientel tummelt sich auf diesen Demonstrationen, Menschen aus der Mitte der Gesellschaft verschaffen sich dort Gehör und tragen durch fragwürdige Meinungen und Äußerungen dazu bei, dass das Bild eines weltoffenen und tolerenaten Deutschlands bei den hier lebenden ausländischen Mitbürgern aber auch im Ausland getrübt wird.

Es scheint wichtiger denn je, im Besonderen die heranwachsende Generation für diese Themen zu sensibilisieren, sie aufzuklären und somit dazu beizutragen, dass sich Geschichte nicht wiederholt und sich junge Menschen frei und selbstbestimmt entwickeln können.

 

Im Januar 2015 machte sich das Fanprojekt gemeinsam mit einer 14-köpfigen Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener Fußballfans auf den Weg nach Polen, um die Gedenk- und Bildungsstätte Auschwitz zu besuchen. Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass der Wunsch zu dieser Fahrt aus der Fanszene heraus erwachsen war und in Zusammenarbeit mit einem Fan des FC Rot-Weiß organisiert wurde. Dieser veranstaltete im Vorfeld der Reise einen Informationsabend im Fanprojekt und sensibilisierte die Teilnehmer durch einen interessanten Vortrag für die Thematik. Zudem stellte er Informationsmaterial für die Führung über das Gelände des Konzentrations- und Vernichtungslagers zusammen, die jedem aus der Gruppe zur Verfügung gestellt wurde.

 

Erlebnisbericht zur Bildungsfahrt vom 23.01. – 25.01.2015

Als wir uns am Freitag gegen 7.30 Uhr auf dem Parkplatz der Thüringenhalle trafen, konnte man in so manch verschlafenes Gesicht blicken, doch wir waren froh, als sich auch der letzte Teilnehmer eingefunden hatte und die Fahrt nun endlich starten konnte. 

Schon im Vorfeld beschäftigte uns als Fanprojekt Mitarbeiter die Frage, ob man sich auf diese Reise freuen dürfe – schließlich ging es nach Auschwitz, DEM Vernichtungslager der Nazis, wo so viele Menschen den Tod fanden. Auf der anderen Seite ist es natürlich immer spannend in ein fremdes Land zu fahren,andere Menschen, Kulturen und Sprachen kennen zu lernen.Sicher kein einfaches Thema, aber alle waren sich einig, dass viele interessante Erfahrungen und Eindrücke auf uns zukommen würden.

Trotz einiger widriger Umstände, die dem winterlichen Wetter und dem Zustand eines Scheibenwischers am gemieteten Kleinbus geschuldet waren, erreichten wir nach zehnstündiger Fahrt unsere gemütliche Unterkunft, ein Hostel im jüdischen Viertel von Krakau, mit seinen 760.000 Einwohnern die zweitgrößste Stadt Polens.

Nach dem Einchecken und einer kurzen Verschnaufpause wurden wir von unserer äußerst netten Stadtführerin Margarete in Empfang genommen, die uns sogleich durch die wunderschöne mittelalterliche Altstadt führte. Wir erfuhren viel Wissenswertes zur Geschichte der Stadt, auch einige Anekdoten hatte sie auf Lager.Fast hinter jeder Ecke gab es Neues zu entdecken: Besonders imposant waren der Wawel (ehemalige Residenz polnischer Könige),die Marienkirche am Hauptmarkt oder die Alte Synagoge in Kazimierz, dem Stadtteil in dem auch unsere Unterkunft lag.Geschafft von den Reisestrapazen, aber gestärkt durch die vielfältigen und preisgünstigen Imbissangebote auf einem nahe gelegenen Platz, kamen wir gegen 22.30 Uhr wieder im Hostel an.

Auf dem Hauptmarkt im Zentrum von Krakau

Am Samstag traten wir nach dem Frühstück die ca. 90 –minütige Autofahrt nach Auschwitz (polnisch Oswiecim) an.

Bereits nach der Ankunft machte sich eine gewisse Hektik breit, die dem engen Zeitplan der verschieden sprachigen Führungen über das Gelände und langen Warteschlangen im Eingangsbereich geschuldet war. Innerhalb von 15 Minuten sollten sich alle Teilnehmer der Gruppenführung dem Sicherheitscheck unterziehen und sich die Kopfhörer für den Audioguide besorgen, „sonst kämen wir an diesem Tag nicht mehr auf das Gelände“. Leider sollte uns dieser „Zeitdruck“ durch die gesamte Führung begleiten.

Gerade noch pünktlich konnte anschließend die dreieinhalb-stündige Führung beginnen. Ausgangspunkt war das Stammlager Auschwitz I, mit dem prägnanten Schriftzug „Arbeit macht frei“ am Eingangstor. Einsetzender Schneefall begleitete uns beim Betreten des Stammlagers, das den Nazis als Verwaltungszentrum für den gesamten Lagerkomplex diente. Die Schilderungen über die Greueltaten, die an dem Ort stattfanden an dem wir uns gerade bafanden, ließen nütige Autofahrt nach Auschwitz (polnibei an den Wachtürmen und dem sog. Todesstreifen, setzten wir unseren Weg zu den Ausstellungen fort, die sich in verschiedenen Gebäuden des Stammlagers befanden.

Eingangstor zum Stammlager Auschwitz I

Durch unzählige Ausstellungsstücke und Informationstafeln bekamen wir einen Eindruck vom Leben und Sterben im Lager und welcher Brutalität und Grausamkeit die Inhaftierten ausgesetzt waren. Unvorstellbar, wie die Peiniger so handeln konnten, willkürlich über Leben und Tod entschieden und wie wertlos ein Menschenleben sein kann. Besonders prägend waren die Eindrücke, beim Betrachten der riesigen Schaufenster, in denen die Besitztümer der Ermordeten ausgestellt waren. Unfassbare Massen an Brillen, Schuhen, Koffern ja sogar Prothesen und abgeschnittene Haare, die zu Stoffen weiterverarbeitet wurden. 

Wenn man sich vor Augen führt, dass mit jedem dieser Exponate ein individuelles Schicksal verbunden ist, lassen sich die Ausmaße und die Ereignisse um den Holocaust vielleicht etwas besser nachvollziehen – in Gänze fassen oder gar erklären lassen sie sich aber bei Weitem nicht.

Nach der Fahrt mit einem Shuttlebus setzten wir unsere Führung auf dem Gelände des Vernichtungslagers Birkenau (Auschwitz II) fort.

Hier starb der Großteil der insgesamt 1,1 Millionen Menschen, die in Auschwitz den Tod fanden. Auf den ersten Blick wurde uns die Dimension dieses riesigen Areals nicht gleich bewusst – erst als wir ein paar Schritte gegangen waren und noch einmal einen Blick auf den Lageplan warfen, konnten wir die enorme Größe abschätzen. 

Einer der wohl bekanntesten Orte in Auschwitz ist die Rampe von Birkenau, an der die Deportierten in Zügen das Vernichtungslager erreichten. Hier hielten wir für einen Moment inne und hörten unserer Gruppenleiterin zu, wie sie von der Ankunft der vielen hunderttausend Menschen und der anschließenden Selektion durch ranghohe Nazis berichtete. Irgendwie makaber, dass zeitglich zwei junge asiatische Touristen balancierend auf den Gleisen der Todeszüge in die Kamera grinsend, Erinnerungsfotos schossen und anscheinend die Tragweite um die Ereignisse an diesem historischen Ort nicht so recht verinnerlicht hatten.

„Die Rampe“ in Birkenau

Wir setzten derweil unsere Führung fort und schritten den sog. Todesmarasch ab, den Weg, den die meisten Deportierten gingen, um gleich nach der Ankunft in Birkenau der Vernichtung durch die Nazis zum Opfer zu fallen.

Vorbei an den Ruinen der Krematorien, die als Sinnbild und Mahnmal für die Massenvernichtung stehen, wurden wir zum Schluß der Fühung in eine Baracke geführt, die im Originalzustand erhalten war. Hier bekamen wir noch einmal einen Eindruck davon, wie menschenunwürdig die Verhältnisse gewesen sein müssen. Trotz dicker Jacken, Mützen und Schals war es eisig kalt – die bis zu 1000 in der Baracke untergebrachten Frauen hatten oft nicht mehr als die dünne Häftlingskleidung am Leib.  

Mit der Rückkehr in das Stammlager endetete unsere Führung, die von unglaublich vielen und sehr eindrücklichen Erlebnisse und hoffen, dass die persönlichen Erlebnisse durch Schilderungen der Teilnehmer auch in ihre Freundeskreise und die Fanszene herein getragen werdenuhe und Zeit betrachten konnte, da unsere Führung wie bereits erwähnt einem strengen Zeitplan unterlag. Daher stellten einige Teilnehmer für sich bereits im Anschluss an die Führung fest, die Gedenkstätte erneut besuchen zu wollen, um die Möglichkeit eines individuellen Rundgangs zu nutzen.

Nach einem gemeinsamen Essen traten wir den Rückweg nach Krakau an, wo sich dann jeder einem individuellen Abendprogramm widmen konnte.

Am nächsten Morgen ging es wieder Richtung Heimat. Auch wenn wir erneut den Schneemassen auf der Autobahn trotzen mussten, kamen wir am Sonntagabend wieder wohlbehalten und mit einer Reihe prägender Erinnerungen in Erfurt an. 

 

Rückblickend können wir vom Fanprojekt festhalten, dass die Bildungsfahrt mit Sicherheit bei allen einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird.