16.10.2017

Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz


 

„Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären.“ Noach Flug sel. A. 1925-2011, Auschwitz-Überlebender und Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees.

In Zeiten, in denen eine rechtspopulitische Partei wie die AfD 13% der Stimmen bei der Bundestagswahl für sich gewinnen kann, Medien nahezu täglich über rechtsmotivierte Angriffe auf Flüchtlingsheime und Personen berichten und fast wöchentlich Kundgebungen, Demonstrationen oder Konzerte mit fremdenfeindlichen Gedankengut stattfinden,  ist es vielleicht notwendiger denn je, sich zu erinnern. Sich daran zu erinnern, welche Angst und Schrecken und welch unsägliches Leid Millionen von Menschen erfahren mussten, welche aufgrund ihrer Religion, Hautfarbe, sexuellen Orientierung ausgegrenzt, diskriminiert und getötet wurden.

 

Vom 03.-06. Oktober machte sich das Fanprojekt gemeinsam mit einer Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener Fußballfans auf den Weg nach Polen, um die Gedenk- und Bildungsstätte Auschwitz zu besuchen. Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass der Wunsch zu dieser Fahrt aus der Fanszene heraus erwachsen war.

Im Vorfeld der Reise wurde ein Infoabend organisiert, um die Teilnehmer auf die Reise vorzubereiten und für die schwierige Problematik zu sensibilisieren.

Mehr oder weniger pünktlich starteten wir um 9 Uhr unsere Reise. Nach zahlreichen Pausen und einigen- zum Glück- kürzeren Staus erreichten wir am frühen Abend Krakau. Nachdem wir unsere Zimmer im Hostel, welches gleichzeitig ein Boot war, bezogen hatten, machten wir uns auf, Krakau bei Nacht zu erkunden. Dabei entdeckten wir eine Pizzeria, welche uns die vielleicht leckerste Pizza Krakaus servierte.

Am nächsten Tag starteten wir unser Programm mit dem Besuch des Schindler Museums. Oskar Schindler bzw. seine Geschichte dürfte vielen aus dem Film „Schindlers Liste“ bekannt sein. Der Fabrikant rettete  durch eine List etwa 1200 Juden in Krakau das Leben, indem er sie bei sich in seiner Emaillewarenfabrik beschäftigte. Er gab an, dass er diese Menschen als Fachkräfte essentiell für seine Fabrik wären und bewahrte sie somit vor dem Abtransport in eines der Konzentrationslager. Das Museum befindet sich in einem Gebäude der damaligen Fabrik Schindlers und erzählt die Geschichte ab dem Jahr 1939 aus verschiedenen Perspektiven: Die Perspektive der Krakauer, die der Nazis und die Geschichten der Juden- angefangen bei den ersten Verboten der Nazis, über den Bau des Ghettos bis hin zum Leben und Sterben im Konzentrationslager.

Im Anschluss trafen wir uns mit der Stadtführerin Margarete, welche bereits vor zwei Jahren die Teilnehmenden der damaligen Gedenkstättenfahrt durch das wunderschöne Krakau führte. Margarete erläuterte uns nochmals einige Details des Schindler Museums und berichtete von einigen interessanten Gegebenheiten und Begegnungen, welche im Zusammenhang mit den Geschehnissen während des Holocaust stehen bzw. standen. Des Weiteren führte uns die Tour auf die Burganlage Wawel, wo sich auch der Krakauer Dom befindet und in das jüdische Viertel, Kazimierz, welches der damalige König Kasimir ganz unbescheiden nach sich selbst benannt hatte. Heute leben viele Studierende und Künstler*innen in diesem Viertel, sodass sich daraus ein Szeneviertel mit vielen urigen Restaurants und Cafés entwickelte.

Das Abendprogramm bestand dann daraus, dass wir die Galeria Cracovia aufsuchten und uns dort auf Shopping Tour begaben.

Am Donnerstag machten wir uns auf den Weg nach Oświęcim, wo sich das Stammlager Auschwitz befindet.

Unsere Tour begann im Stammlager Auschwitz I, welches durch den Torbogen mit dem prägnanten Schriftzug „Arbeit macht frei“ zu erreichen ist. In den Baracken zeugten unzählige Bilder, Informationstafeln und Ausstellungsstücke vom Leben und Sterben der Inhaftierten im Lager Auschwitz. Insbesondere die riesigen Schaufenster, in welchen die zahlreichen Besitztümer der Ermordeten ausgestellt waren, hinterließen bleibende Eindrücke bei uns. Unzählige Brillengestelle, Haarbürsten, Schuhe oder gar Prothesen und abgeschnittene Haaren zeugten von der Brutalität, Grausamkeit und Unmenschlichkeit in dem Lager. Und wenn man sich vor Augen führt, dass diese Tonnen an Schuhen, Habseligkeiten und Haaren nicht annähernd die Ausmaße der unmenschlichen Zustände im Lager aufzeigt und an jedem Exponat ein individuelles Schicksal verknüpft ist, dann lassen sich die Ereignisse zur damaligen Zeit ein wenig besser nachvollziehen. Jedoch ganz fassen oder ansatzweise erklären kann es das Leid der Millionen Betroffenen nicht.

Nach kurzer Fahrt mit einem Shuttlebus setzten wir unsere Führung auf dem Gelände des Vernichtungslagers Birkenau (Auschwitz II) fort. Hier fand der Großteil der insgesamt über eine Millionen Menschen den Tod. Draußen vor dem Tor kann man die Ausmaße der Größe dieses Areals kaum erblicken. Erst von dem Aussichtsturm aus wurde uns die Dimensionen der riesigen Fläche bewusst. Unsere Führung führte uns weiter in die Holzbaracken, welche damals ursprünglich für etwa 50 Pferde gebaut wurden, später jedoch weit über  500 Häftlinge beherbergte- wohl bemerkt in einer Holzhütte, in der wir selbst mit Jacke und bei 10 Grad gefroren haben.

Einer der wohl bekanntesten Orte in Auschwitz ist die Rampe von Birkenau, an welcher die Deportierten in Zügen das Vernichtungslager erreichten. Hier hielten wir für einen Moment inne und hörten unserer Gruppenleiterin zu, wie sie von der Ankunft der vielen hunderttausend Menschen und der anschließenden Selektion durch ranghohe Nazis berichtete. Es ist wirklich schwer zu fassen, wie sich diese Menschen anmaßten, mit einem Fingerzeig nach links oder rechts über Leben und Tod so vieler Menschen entschieden.

Anschließend folgten wir unserer Reiseführerin auf dem sogenannten Todesmarsch, dem Weg, den unzählige Menschen direkt nach ihrer Ankunft in Birkenau gehen mussten und welcher in einer der Gaskammern endete. Vorbei an den Ruinen der zerstörten Krematorien und einem neuerrichteten Denkmal für die Opfer des Holocausts endete unsere Führung in der „Zentralsauna“. Diese Bezeichnung, welche im ersten Moment mit Wellness und Erholung assoziiert werden kann, ist  aber tatsächlich eine Farce- in diesem Gebäude wurden den Menschen die Haare abrasiert, sie mit brühend heißem oder eiskalten Wasser geduscht und ihnen die Kleidung abgenommen.

An dieser Stelle endete unsere Führung, welche uns viele umfangreiche und eindrückliche Erkenntnisse und Eindrücke geliefert hat. Nach dem Besuch der Gedenkstätte reflektierten wir mit den Teilnehmenden ihrer Eindrücke und Empfindungen.

Da es nun an der Zeit ist, ein Fazit zu ziehen, können wir Mitarbeiter des Fanprojekts sagen, dass die Teilnehmer die Fahrt sehr positiv aufgenommen haben und es für uns alle ein einprägendes Erlebnis war, welches uns bleibende Eindrücke verschafft hat.